Wenn Bildungseinrichtungen ihre sprachliche Bildung vergessen

Man sollte meinen, Leerzeichen in Komposita oder fehlende Bindestriche bei Namens-Kompositionen kämen nur dort vor, wo zu wenige Menschen mit ausreichender sprachlicher Expertise am Werk wären. Dass dem mitnichten so ist, beweisen täglich Bildungseinrichtungen aller Art: Schulen, Universitäten (durchaus auch mit sprachwissenschaftlichen Fakultäten), Forschungseinrichtungen und die – für die Rechtschreibung in Schulen zuständige – Kultusministerkonferenz verzichten munter auf Koppel-, Binde-, Trennstriche und Zusammenschreibungen, als würden amtliche Rechtschreibregeln nur für andere gelten. Auf dieser Seite sammeln wir einige Beispiele.

Universität Tübingen

Man könnte achselzuckend am Logo der der Universität Tübingen vorbeigehen („Ist halt ein Logo, da verzichten Grafiker eben gern auf Striche“) und es fast nicht bemerken – es ist vielleicht nicht ganz ohne Grund nur klein oben links auf der Website. Doch dann scrollt man nach unten und stellt fest: Nein, ein Versehen, ein Ausrutscher, ein einmaliger Anflug künstlerischer Freiheit oder kreativen Aufbäumens ist das nicht – wir haben es tatsächlich mit der „Eberhard Karls Universität Tübingen“ zu tun. Sie ist also keineswegs nach Eberhard Karl benannt (denn dann hieße sie Eberhard-Karls-Universität), sondern sie gehört ihm! Das ist einfach Eberhard Karls Uni! Spannend wird die Frage sein, wann sie in „Dem Eberhard Karl seine Uni“ umbenannt wird. Und wer ist überhaupt Eberhard Karl?

Ida-Ehre-Schule

Zugegeben: Die Ida-Ehre-Schule in Hamburg hat zurzeit wirklich andere Probleme als Rechtschreibung – unter anderem muss sie sich gegen Bombendrohungen und eine Kampagne der lokalen AfD erwehren. Wenn es der AfD ernst wäre mit der Leitkultur, müsste sie sich aber als erstes mal um den Namen der Schule kümmern. Denn „Ida Ehre Schule“ ergibt als Schreibweise doch eher wenig Sinn. Wie sollen Kinder da lernen, wie man Bindestriche einigermaßen unfallfrei verwendet?

Idee und Screenshot: Rüdiger

Johannes-Gutenberg-Universität Mainz

Fast. Fast hätte es die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz geschafft, hier eine lobende Erwähnung zu finden, weil sie zumindest in der Textvariante Bindestriche verwendet. Aber es ist halt in Wirklichkeit doch nur die „Johannes Gutenberg-Universität Mainz“, ganz als ob Mainz in Österreich oder der Schweiz läge (wo diese Schreibweise anscheinend in Ordnung ist, wie unzählige Kommentare in diesem Blog immer wieder versichern). Sicher, zu Gutenbergs Zeiten gab es noch keine allgemeingültigen Rechtschreibregeln. Dennoch stünde es einer Uni natürlich schon gut an, sich an die geltenden Schreibweisen zu halten.

Leibniz-Universität Hannover

Früher wollte sie mal „Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover“ heißen, sie lässt sich aber ganz jovial beim Nachnamen rufen. So heißt die Uni Hannover Leibniz-Universität „Leibniz Universität“. Schade.

Kultusministerkonferenz

Die „Kultusminister Konferenz“ müsste eigentlich Kultusministerkonferenz heißen. Tut sie auch, zumindest im Fließtext auf der eigenen Website. Auch im Logo wäre es natürlich schön, wenn sie sich ein bisschen an die Regeln halten würde, für die sie selbst zuständig ist – denn immerhin entscheiden in diesem Gremium Kultusminister der Länder darüber, wie in den Schulen geschrieben wird. Und warum eigentlich dann nicht gleich „Kultus Minister“? Immerhin bleibt die KMK einer langen Tradition treu, denn schon einer älteren Version der Website fand sich dieser Fehler.

Fortsetzung folgt!

5 Gedanken zu „Wenn Bildungseinrichtungen ihre sprachliche Bildung vergessen“

  1. Schön, dass Ihr Euch um die korrekte Getrennt- und Zusammenschreibung Gedanken macht. In diesem Beitrag verstehe ich jedoch nicht zu welcher Zeit die Ida-Ehre-Schule in Hamburg Probleme hat. Zur Zeit des Nationalsozialismus dürfte es ja noch keine Schule mit dem Namen gegeben haben. Aktuelle Probleme meint Ihr vermutlich auch nicht, denn dann hättet Ihr ja „zurzeit“ statt „zur Zeit“ geschrieben.
    ;-p

      1. Tübingen ist doch eine Hochburg der Grünen, und wer aus Baden-Württemberg kommt, hat zwar einen sympathischen (aber nicht kompetenten) Minischderbräsidenden, dem jetzt sogar die Rächtschreibunk unwichtig ischt, wie er selbst in einem Interfjuw sagte. Das Land habe andere Sorgen.

  2. Trotz des Veröffentlichungsdatums sehe ich in diesem Artikel mehr als nur eine Eulenspiegelei. Es kann nicht verkehrt sei, schwer lesbare Wortmonster anzuprangern. Allerdings kann ich nicht ganz mit dieser Formulierung mitgehen:
    “Schulen, Universitäten […] verzichten munter auf Koppel-, Binde-,
    Trennstriche und Zusammenschreibungen, als würden amtliche
    Rechtschreibregeln nur für andere gelten. ”
    Amtlich ist eben auch Folgendes:
    “Zusammensetzungen aus Eigennamen und Substantiv zur Benennung von
    Schulen, Universitäten, […] werden so geschrieben, wie sie
    amtlich festgelegt sind.”
    (http://www.rechtschreibrat.com/DOX/rfdr_Regeln_2016_redigiert_2018.pdf#page=43
    vom 18.4.19)
    Ich habe mal auf der Seite de.wikipedia.org/wiki/Volluniversität nachgeschaut: Ca. 16 dieser
    Universitäten haben koppelbare Eigennamen, 4 davon haben sich auf einen
    nicht oder nicht konsequent gekoppelten Namen festgelegt.

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