Uni Hannover: „alle Einwände und Bedenken sind geklärt“ [Update]

alle Einwände und Bedenken sind geklärtDie Universität Hannover hat sich umbenannt. Seit dem 1. Juli 2006 heißt sie nun „Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover“. Ob dieser grauenvoll fehlerhaften Namensgebung kann man sich zwar kaum vorstellen, dass jemand auch nur den geringsten Gedanken an Rechtschreibung verschwendet hat, doch auf den Presseseiten der Uni, man höre und staune, ist folgendes zu lesen: „Die Gespräche waren erfolgreich. Alle Einwände, Bedenken und juristischen Notwendigkeiten sind geklärt, wir sind froh, Ihnen mitteilen zu können, dass ab dem 1. Juli 2006 die Universität Hannover einen neuen Namen trägt […]“.

Aha. Alle Einwände und Bedenken sind geklärt. Dann hat wohl niemand den Einwand gehabt, dass der Name „Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover“ den Regeln der deutschen Rechtschreibung widerspricht. Schade. Wie wäre es mit „Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Universität Hannover“?

Auch dieser Satz aus den Presseseiten ist interessant: „Nach der Umbenennung zur Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover ist der Anspruch der Hochschulleitung und des Senates, nicht nur Schilder und Briefköpfe auszutauschen, es geht um mehr. Alle Beteiligten an der Namensdiskussion möchten Leibniz Spuren folgen und den neuen Namen auch leben“. Und auf Rechtschreibung endgültig pfeifen.

Auf diesen Seiten der Hochschule gibt es einen weiteren interessanten Satz: „Die Marke ,Leibniz Universität Hannover’ soll die Hochschule weiter zum nationalen und internationalen Markenzeichen bringen“. Nun – erstens sollte sich die Leitung der Hochschule vielleicht besser für eine Fortbildung in deutscher Rechtschreibung anmelden. Und zweitens ist der� Ausdruck „Die Marke […] zum […] Markenzeichen bringen“ weder für das Verständnis sinnvoll, noch hat er einen Inhalt.

Wie weit ist es in diesem Land eigentlich gekommen, wenn selbst Universitäten, die ihren Studenten doch Wissen näherbringen sollten, derart ungehobelt mit der deutschen Sprache umgehen?

Kommentar der Universität:

Sehr geehrter Herr Pittelkow,vielen Dank für Ihre E-Mail und Ihre Anmerkungen zur Schreibweise des neuen Namens der Leibniz Universität Hannover.Sie haben Recht, dass nach den Regeln der deutschen Rechtschreibung bei Zusammensetzungen mit mehreren oder mehrteiligen Namen Bindestriche gesetzt werden (daran hat sich auch nach der Reform nichts geändert). Man schreibt also:Johannes-Gutenberg-Universität
Max-Planck-Gesellschaft
Annette-von-Droste-Hülshoff-Ausgabe.
Nun wird aber bei Namen häufiger von dieser Regel abgewichen. So findet man gerade für Universitäten sehr unterschiedliche Schreibweisen:Friedrich-Schiller-Universität Jena
und
Ludwig-Maximilians-Universität München,
aber auch
Eberhard Karls Universität Tübingen
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
oder
Johann Wolfgang Goethe-Universität (Frankfurt).

Das Präsidium der Leibniz Universität Hannover hat sich bewusst gegen Bindestriche zwischen den einzelnen Begriffen entschieden. Wir möchten die Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, kurz Leibniz Universität Hannover, als Marke etablieren. Der Verzicht auf Bindestriche erleichtert auch den Einsatz der Marke im internationalen Bereich. Dabei nehmen wir den Verstoß gegen die Rechtschreibregeln in Kauf.

Mit freundlichen Grüßen
Erich Barke

Prof. Dr.-Ing. Erich Barke
Präsident der Leibniz Universität Hannover

Kommentar zum Kommentar:

Dem ist an sich nichts hinzuzufügen. Hier kann sich jeder seine eigene Meinung bilden. Die Universität soll als „Marke“ etabliert werden, gerade im internationalen Bereich helfen fehlende Bindestriche dabei.

Dazu fallen mir gleich mehrere Fragen ein. Erstens: Würde sich die amerikanische „John Doe University“ umbenennen in „John-Doe-University“, um in Deutschland besser gelesen werden zu können? Nein. Warum auch? Zweitens: Es wird nicht die Universität als „Marke“ etabliert, sondern, wenn überhaupt, nur der Name. Viel mehr „Markenbewusstsein“ erreicht man allerdings dadurch, dass man Leistungen zeigt: anerkannte, gute, beliebte Professoren, gute Studienbedingungen mit angenehmem Klima an der Uni. Drittens: Wie in aller Welt wollen Sie internationalen Studenten, die an Ihrer Universität studieren sollen, verständlich machen, dass der Name Ihrer Universität falsch geschrieben ist? Denn sobald der Name Ihrer Universität in einer Klausur, in einer Doktorarbeit, in einer Magisterarbeit auftaucht, sind Sie verpflichtet, die Schreibweise als fehlerhaft anzustreichen. Machen Sie dies nicht, verfehlen Sie Ihren Lehrauftrag.